Ötztaler Radmarathon 2025 – Mein zweiter Anlauf auf die „Mutter aller Radmarathons“
- marcelgertsch
- 10. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
Drei Jahre nach meiner ersten Teilnahme am Ötztaler Radmarathon kehrte ich 2025 nach Sölden zurück. Schon damals, 2022, hatte ich den Mythos am eigenen Leib erfahren dürfen: 227 Kilometer, 5’500 Höhenmeter, vier grosse Alpenpässe. Leider hatte mich eine Materialpanne ziemlich ausgebremst, sodass der Tag zwar unvergesslich, aber nicht so positiv war, wie ich es mir gewünscht hätte.
Diesmal wollte ich es besser machen, mehr Spass, mehr Genuss und trotzdem ein gutes Ergebnis. Dafür hatte ich mich 2025 intensiv vorbereitet, knapp 9’000 Kilometer und 115’000 Höhenmeter standen auf dem Tacho.
Anreise und Vorbereitung
Am Freitagmittag kam ich in Sölden an. Meine Unterkunft, das Haus Kathrin, lag praktisch nah am Startgelände. Nach kurzem Auspacken drehte ich eine Einfahrrunde hinauf zum Timmelsjoch bis zur Mautstation. Gemeinsam mit einem Mitstreiter verging die Auffahrt im Gespräch fast wie von selbst. Einsetzender Nieselregen machte die Abfahrt kühl, aber auch typisch alpin.
Zurück in Sölden, eine warme Dusche, Startpaket abholen im Zielgelände, Abendessen und früh ins Bett . Der Samstag stand dann ganz im Zeichen der Vorbereitung, Rad checken, Startnummer montieren, Kleidung und Verpflegung bereitlegen.
Bei der Ernährung hatte ich mir einen klaren Plan zurechtgelegt, Powerbar, der offizielle Sponsor des Ötztalers, ist nicht wirklich mein bevorzugtes Produkt. Daher wollte ich die erste Hälfte des Rennens mit meinen Favoriten von Winforce bestreiten, Gels, Riegel und eine Portion Iso. Danach war klar, dass ich im zweiten Teil auf die offizielle Verpflegung zurückgreifen musste.
Der Renntag
Start und Kühtai
Punkt 6:37 Uhr fiel für mich der Startschuss. Ich startete im letzten Drittel des Feldes – was bedeutete, dass ich auf den ersten Kilometern nach Oetz viel Zeit und Energie verlor, weil das Feld dort dicht war. Erst am Kühtai-Aufstieg konnte ich mich wirklich frei bewegen, fand meinen Rhythmus und arbeitete mich kontinuierlich nach vorne.
Beeindruckend war die Stimmung entlang der ganzen Strecke, aber besonders am Kühtai. Dort standen unglaublich viele Zuschauer, die mit Kuhglocken, Rufen und Applaus eine regelrechte Riesen-Stimmung machten. Jeder Tritt in die Pedale fiel dadurch ein Stück leichter.
Oben angekommen, war ich bereits im vorderen Drittel des Feldes etabliert. Das fühlte sich wie eine kleine Belohnung für den harten Start an. Strava-Segment Classic Küthai 55:41 durchschnittlich 247W. Die Abfahrt vom Kühtai nahm ich sehr vorsichtig, Sicherheit ging für mich klar vor Risiko.
Innsbruck und der Brenner
Nach der langen Abfahrt ins Inntal und der schnellen Passage durch Innsbruck wartete der Brenner. Vor dem Einstieg sichtete ich zusammen mit einem Mitstreiter eine grössere Gruppe weiter vorne. Er fragte mich, ob wir gemeinsam auffahren sollten und so setzten wir uns mit kräftigem Druck auf die Pedale ab. Es war ein hartes Intermezzo, aber wir schafften den Anschluss.
Die Gruppe selbst war allerdings eher langsam unterwegs. Bis zum Brenner fuhr ich deshalb ein kontrolliertes Tempo, ohne zu viel Energie zu verbrennen. Strava-Segment Brenner… 1:20 durchschnittlich 204W.
Jaufenpass – erste Härteprobe
Nach dem Brenner kommt der steile Abschnitt von Gasteig hinauf zum Jaufenpass. Ich kletterte das Strava-Segment Jaufenpass in 1:18 durchschnittlich mit 227W. Ein echter Boost fürs Selbstvertrauen.
Die Abfahrt nach St. Leonhard brachte kurze Erholung, doch jeder wusste, jetzt wartet der Showdown.

Timmelsjoch – der Scharfrichter
Von St. Leonhard bis hinauf zum Timmelsjoch sind es fast 30 Kilometer und über 1’800 Höhenmeter. Dieser Anstieg entscheidet jedes Jahr über Freud und Leid.
Ich fuhr kontrolliert, liess mich nicht von den Tempoverschärfungen anderer mitreissen. Der Abschnitt St. Leonhard–Schönau ging in 1:16 Stunden durchschnittlich mit 221W, danach das endlose Kehrenlabyrinth zum Timmelsjoch: 1:05 Stunden bis oben. Insgesamt brauchte ich 2:21 Stunden für diesen Abschnitt und kletterte auf Platz 948 Gesamt vor.
Die Emotion, als die Passhöhe erreicht war, war unbeschreiblich, Müdigkeit, Stolz, und der Blick hinüber ins Ötztal, wo es nur noch bergab ging.

Abfahrt und Zieleinlauf in Sölden
Die Abfahrt vom Timmelsjoch über Hochgurgl nach Sölden ist der Lohn für alle Qualen. Mit über 44 km/h Schnitt rauschte ich die letzten Kilometer hinunter. In Sölden angekommen, war die Stimmung überwältigend, dichte Zuschauerreihen, laute Anfeuerungsrufe und diese spezielle Energie, die nur das Ziel des Ötztalers hat.
Nach 9:27:11 Stunden Nettozeit, 24 km/h Schnitt, rollte ich über die Ziellinie.
Platz 1051 Gesamt
Platz 994 Männer
Platz 132 in meiner Altersklasse

Fazit
Der Ötztaler 2025 war für mich eine echte Genugtuung. Nach der Panne von 2022 konnte ich diesmal zeigen, dass ich die Distanz nicht nur überstehen, sondern auch geniessen kann. Klar, es bleibt brutal hart, vor allem am Jaufenpass und am Timmelsjoch. Aber es ist genau diese Mischung, die den Ötztaler so besonders macht, Herausforderung, Leiden, Gemeinschaft und das unglaubliche Gefühl, es geschafft zu haben.
Mit 9:27 Stunden und Platzierungen weit vorn im Feld habe ich mein persönliches Ziel mehr als erreicht. Und das Wichtigste, ich hatte Spass von der ersten bis zur letzten Kurbelumdrehung.
Der Mythos lebt. Und ja, irgendwann wird es bestimmt ein drittes Mal geben.





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