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Mein Abenteuer beim Alpenbrevet Platin: Ein unerwartetes Highlight des Jahres

  • Autorenbild: marcelgertsch
    marcelgertsch
  • 8. Sept. 2024
  • 4 Min. Lesezeit

Die Teilnahme am Alpenbrevet Platin war ursprünglich nicht in meinem Programm für 2024 vorgesehen. Doch als ein Nachbar mich fragte, ob ich Interesse hätte, seinen Startplatz zu übernehmen, entschied ich mich kurzerhand, die Herausforderung anzunehmen. Meine Kolumbienreise und die Teilnahme am Radmarathon La Marmotte sollten schliesslich eine gute Vorbereitung darstellen.


Glücklicherweise stellte mir ein ehemaliger Arbeitskollege seine Ferienwohnung in Andermatt zur Verfügung. Andermatt war zu diesem Zeitpunkt ausgebucht, und eine nahegelegene Übernachtungsmöglichkeit zu finden, wäre ein echtes Problem gewesen. So machte ich mich am frühen Freitagabend, nach bereits 9.000 Jahreskilometern in den Beinen, auf den Weg in die Schweizer Alpen.


Trotz dieser Vorbereitung war ich nicht ganz frei von Unsicherheiten. Ein Test zwei Wochen zuvor verlief nicht gerade ermutigend. Ich hatte nach gut 100 Kilometern einen deutlichen Einbruch erlebt, was mir Sorgen bereitete. Dennoch, nach meiner Ankunft in Andermatt und dem Einchecken in die Unterkunft, holte ich meine Startnummer ab und stärkte mich bei der Pasta-Party. Danach montierte ich die Startnummer an meinem Rad und ging früh ins Bett, denn der Wecker war auf 4:15 Uhr gestellt.


Der Renntag: Aufbruch in die Alpen

Mein Tag begann früh mit einem Frühstück aus Haferflocken, Zimt und Ahornsirup, was mir die nötige Energie für die bevorstehenden Stunden liefern sollte. Um 6:15 Uhr startete ich im dritten Startblock, direkt aus Andermatt. Die erste Abfahrt nach Wassen war neutralisiert, und ich genoss den entspannten Start. Kein Vergleich zur hektischen Startphase beim Ötztaler, was mir sehr entgegenkam.


Als erster Anstieg galt es den Sustenpass zu erklimmen. Aufgrund des misslungenen Abschlusstests zwei Wochen zuvor, ging ich es bewusst vorsichtig an. Glücklicherweise fand ich eine kleine Gruppe, die ein ähnliches Tempo fuhr, wie ich es mir vorgenommen hatte. Obwohl der Sustenpass von dieser Seite nicht zu meinen Lieblingsanstiegen gehört, erreichte ich die Passhöhe recht entspannt. Die Beine fühlten sich gut an, und ich war optimistisch, was den Rest des Tages anging.



In Innertkirchen, nach einer flotten Abfahrt, hielt ich kurz am ersten Verpflegungsposten. Ich füllte meine Bidons mit Winforce Carbon Plus, packte meine Rückentasche mit Winforce Panforte Riegeln und Gels und machte mich dann ohne lange Pause auf den Weg zum zweiten Anstieg, dem Grimselpass.


Die Auffahrt zum Grimsel war zunächst vom heftigen Gegenwind geprägt, was die Sache erschwerte. Leider war keine grössere Gruppe in Sicht, der ich mich anschliessen konnte, sodass ich mich allein durch die Böen kämpfen musste. Etwa nach einem Drittel des Anstiegs fand ich endlich Anschluss an drei Mitstreiter, die ein ähnliches Tempo anschlugen. Als einer von ihnen auf den letzten zwei Kilometern das Tempo erhöhte, konnte ich gut mithalten, und wir erreichten zusammen die Passhöhe. Die Beine fühlten sich weiterhin stark an, und die regelmässige Verpflegung mit Riegeln, Gels und Iso-Getränken hatte mich gut versorgt.



Die Abfahrt nach Ulrichen führte in Richtung Wallis, und der Blick auf den wolkenverhangenen Himmel bereitete mir etwas Sorgen, auch wenn der Tag eigentlich sonnig vorausgesagt war. Beim Verpflegungsposten in Ulrichen wiederholte ich mein Ritual: Wasser und Iso nachfüllen, die Trikottasche füllen, dazu ein paar Bananen und Kuchenstücke, nachgespült mit Bouillon, und eine Biopause. Dann ging es weiter zum dritten Anstieg, dem Nufenenpass.


Dieser Anstieg forderte mir Respekt ab, denn ich hatte ihn als steil und ohne Erholungsstücke in Erinnerung. Wie zuvor schloss ich mich an zwei Mitstreiter an, aber nach etwa einem Drittel des Anstiegs war mir das Tempo zu niedrig, und ich entschied mich, alleine weiterzufahren. Meine Beine waren immer noch gut, und ich fühlte mich frisch, was dazu führte, dass ich einige Fahrer überholte. Die Passhöhe erreichte ich schneller als erwartet, was mich zuversichtlich stimmte.



Doch oben angekommen, war das Wetter anders als vorausgesagt. Nieselregen und frische Temperaturen empfangen mich, auf dieses Szenario war ich nicht ausreichend vorbereitet. Mit leichten Langfingerhandschuhen, einer Windweste und Armlingen begab ich mich in die Abfahrt. Nach etwa anderthalb Kilometern stoppte mich ein Baustellen-Rotlicht – das erste von vielen, denen ich an diesem Tag noch begegnen sollte. Die Wartezeit im Nieselregen war unangenehm lang, und eine Gruppe von Teilnehmern sammelte sich, alle schlotternd und fluchend über das Wetter. Einige versuchten sogar, ihre Hände an den Auspuffen von Motorrädern zu wärmen.

Die Abfahrt war eine Herausforderung. Ich zitterte vor Kälte, und es war schwer, den Lenker ruhig zu halten. In den tieferen Lagen wurde es zwar etwas wärmer, aber das Wetter besserte sich nicht wesentlich. Ich konnte mich nicht wirklich aufwärmen und sehnte den nächsten Verpflegungsposten in Airolo herbei. Leider war dieser Verpflegungspunkt schlecht ausgeschildert, was eine Ausnahme in der sonst exzellenten Organisation des Alpenbrevets darstellte. Ich hatte die Einfahrt verpasst und musste ein Stück zurückfahren. Was mir ebenfalls nicht klar war: Der Zeitcheckpoint befand sich erst bei der Ausfahrt aus dem Verpflegungsposten.

Nach einem 20-minütigen Aufenthalt, in dem ich verzweifelt versuchte, mich wieder aufzuwärmen, machte ich mich wieder auf den Weg und passierte gerade noch rechtzeitig vor der Zeitlimite den Checkpoint – Glück gehabt!


Auf dem Weg nach Biasca konnte ich mich einer Gruppe anschliessen, und wir wechselten uns zu viert in der Führungsarbeit ab. Das half, das Tempo hochzuhalten und mich wieder etwas aufzuwärmen, da die Temperaturen nun wieder angenehmer wurden.


Der Anstieg zum Lukmanierpass begann nicht mehr ganz so locker flockig. Ich war froh, als ich den Verpflegungsposten etwa auf halbem Weg zur Passhöhe erreichte. Nach einer kurzen Stärkung kämpfte ich mich weiter die zähen restlichen Kilometer zur Passhöhe hinauf.


Die Abfahrt nach Disentis verlief bei angenehmen Temperaturen, und ich war erleichtert, den letzten Verpflegungsposten zu erreichen. Fast geschafft – es stand nur noch der Oberalppass zwischen mir und dem Ziel. Obwohl dieser Anstieg als eher einfach gilt, war er für mich eine Frage des Durchhaltens.


Schliesslich liess ich es nach Andermatt ausrollen, wo ich erschöpft, aber glücklich nach 12 Stunden und 52 Minuten das Ziel erreichte.


Fazit

Das Alpenbrevet Platin erwies sich als ein grossartiger und gut organisierter Event, der es in sich hat. Im Vergleich zu anderen Herausforderungen wie dem Ötztaler oder La Marmotte, empfinde ich es als den härtesten, auch wenn es mit weniger Rennfeeling verbunden ist – was jedoch auch genau so deklariert ist. Das Alpenbrevet ist kein Rennen, sondern eine persönliche Herausforderung, und ich bin stolz darauf, sie gemeistert zu haben




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Zuerst tut es weh, dann verändert es dich.

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© 2024 Marcel Gertsch

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